Allgemein ·Chinesische Medizin

Schlaf dich gesund!

Schlaf dich gesund, Olga Meier Sander, PIXELIOVon Joachim Stuhlmacher.

In der Chinesischen Medizin und den alten Werken zur gesunden Lebenspflege (Yangsheng), hat der Schlaf eine besondere Bedeutung.

 

Schlaf, so steht es in den alten Werken geschrieben, ist die natürlichste Medizin des Körpers. Schlaf ist ein äußerst wichtiger Faktor in der Selbstregeneration und in der Selbstheilung des Körpers.

 

Die Entstehung des Schlafes aus chinesischer Sicht

Abends zieht sich der Geist und das Qi des Menschen, insbesondere das Yang-Qi zurück ins Körperinnere. Zuerst sinkt es zu den Füßen um von dort durch ganz bestimmte Transportwege (Außerordentliche Gefäße) ins Innere der Knochen und der Organe zu gelangen. An genau diesen Orten wird es über Nacht praktisch wieder aufgeladen. Auch das Blut wird aufgeladen und in den Knochen gestärkt.

Nach ausreichend langer Verweildauer in den inneren Organen und den Knochen strömen frisch aufgeladenes Qi und Blut früh morgens dann wieder Richtung Körperäußeres. Auch dabei fließt es über bestimmte Energiebahnen, um letztlich am ersten Akupunkturpunkt der Blasenleitbahn, Jianming, hervorzutreten. Dieser Punkt liegt innen an den Augen zur Nasenseite hin. Die Durchblutung dieses Punktes mit frischer Energie sorgt für den ersten Augenaufschlag der Augenlider am Morgen. Dann steht uns die Energie für den neuen Tag zur Verfügung.

Der tiefe Schlaf entsteht insbesondere durch ein Loslassen der ICH-Haftigkeit, durch die Aufgabe des Denkens in allen möglichen Konzepten, wer wir scheinbar im Alltag sind. Dieses Loslassen von konzeptionellen Ideen und dem Wunsch nach Sicherheit, den wir versuchen, in diesen Konzepten aufrecht zu erhalten, sorgt für die stärkste Transformation, die stärkste Umwandlung von Energie, die dem Körper dann zur Heilung zur Verfügung steht. Dieser Aspekt kann nicht oft genug betont werden, dass wir es lernen müssen, loszulassen und zu vertrauen. Gesunder Schlaf hat viel mit der Fähigkeit zu Hingabe und Vertrauen zu tun.

Gegen Mittag, zur „Mittagsschlaf-Zeit“, gibt es nochmals einen kleineren, aber ebenso bedeutenden Rückzug der Energie – insbesondere der genannten Geist/shen-Energie – welche die am stärksten regenerativen Kräfte im Schlaf entstehen lassen kann. Dieses Thema erörtern wir in einer der kommenden Ausgaben als eigenes Thema.

 

Warum ist Schlaf so wichtig?

Nun, in der fernöstlichen Heilkunde ist seit Jahrtausenden bekannt, dass der Körper über ein einzigartiges Selbstheilungssystem verfügt. Dazu zählt insbesondere der Schlaf. Folgen wir dem Konzept von Yin und Yang, so wechseln sich Aktivität und Passivität ständig ab. Wir tun etwas und dann benötigen wir eine Pause. Dieses Prinzip ist so einfach wie wirkungsvoll, es wird nur in unseren Breiten leider nicht mehr befolgt. Jemand der ständig wachsen muss, der immer erfolgreich sein muss wird zwangsläufig über kurz oder lang an gesundheitlichen Störungen leiden. Eine der stark angestiegenen Zivilisationserkrankungen sind Schlafstörungen! Der Körper folgt diesem Gesetz von Ruhe und Bewegung ständig und benötigt eben entsprechende Pausen. Mehrfach über den Tag verteilt und am Ende des Tages dann die große, wohlverdiente Nachtruhe.

In dieser Zeit der Pausen und des Schlafes wird die Energie des Körpers erneuert und wir fühlen uns ja nach einer erholsamen Nacht wie „neu“, als wären wir wiedergeboren. So brauchen Erwachsene etwa alle 90 Minuten eine Pause und ein möglichst vollständiges „rausgehen“ aus dem, was wir gerade tun. Kleinkinder brauchen schon nach wenigen Minuten bzw. Schulkinder nach etwa einer halben Stunde eine Pause. Zum Ausgleich für längeres Sitzen ist auf genügend Bewegung in den Pausen zu achten. Insbesondere für Schulkinder kann dieser Umstand nicht oft genug hervorgehoben werden.

 

Geist, Psyche und Emotionen

Auch der Geist (shen), welcher im Herzen wohnt, zieht sich nachts ins Innere des Körpers zurück um zu ruhen. Hier liegt sicher die Hauptursache für Störungen des Schlafes, da wir als moderne Zivilisationsgesellschaft ja unser ganzes Leben fast ausschließlich mit dem Kopf ausführen. Denken ist für viele Menschen, ob gewollt oder ungewollt, zur Dauerbeschäftigung geworden.

Weil wir es inzwischen für gut befinden ständig „online“, ständig bereit zu sein, aber auch, weil uns Ehrgeiz und Erfolgsstreben auffressen, schaffen wir uns ein Leben, in welchem der Geist nicht mehr zur Ruhe kommt. Unsere Verstrickung in unseren Körper und diese sichtbare Welt lässt uns glauben, dass dies alles ist und dass wir hier alles erreichen müssen. So entstehen immer mehr heftige Emotionen wie beispielsweise Begierde nach immer mehr, Unzufriedenheit und Hass auf sich selbst oder den Anderen, Frust und Zorn, Angst vor Verlust, Trauer bei einem Scheitern und letztlich auch noch der Stolz auf all dies zusammen. Wir erschaffen in uns eine Leere, wir fühlen keine Mitte, keine Wurzel mehr im Unbewussten und so legen wir selbst den Grundstein für ständig aufkommende Gedanken, Sorgen, Wünsche, die irgendwann nicht mehr zur Ruhe kommen. Diese ständig aufsteigenden Energien stören den Schlaf am meisten. So wie wir oft selbst der Stress sind, so sind wir auch oft selbst Schlafstörungen. Yin und Yang sind aus dem Gleichgewicht. Das Yang, die Bewegung/Erregung/Hitze hat überhandgenommen und so kann am Abend das Yin, der Schlaf, die Stille nicht vollständig zum Vorschein kommen.

 

Schlafen Sie lang genug

Die Schlafenszeit des Einzelnen kann sehr unterschiedlich sein, sollte aber mindestens etwa 6 – 7 Stunden täglich betragen. Viele Menschen benötigen etwa 8 – 9 Stunden Schlaf und einige brauchen auch 10 oder 12 Stunden. Wir sollten dies sehr ernst betrachten und uns auf jeden Fall „unsere“ Schlafenszeit nehmen, egal wie lange sie sein muss.

Ein Kennzeichen eines gesunden Schlafes ist das fast sofortige Einschlafen am Abend. Meine Meister sagen immer, dass etwa 1 Minute zum Einschlafen genügen sollte. Der Schlaf sollte wenigstens 4 – 6 Stunden ohne Unterbrechung am Stück sein und wir sollten morgens fit und erholt aufwachen! Ich möchte diese Feststellung hier nochmals wiederholen: Wir wachen morgens fit und erholt auf! Also nicht erst eine kalt-heiße Dusche und danach joggen oder 3 – 5 Eimer Kaffee zum Frühstück. Wir werden wach und sind fit!

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass viele zwar 8 Stunden schlafen, aber oft wach werden in der Nacht, mehrfach zur Toilette müssen, schlecht einschlafen oder auch zu einer bestimmten Zeit wieder wach werden und dann 2 Stunden wach im Bett liegen. Das ist natürlich nicht erholsam. Ebenfalls nicht erholsam ist es, wenn wir zwar schlafen, der Schlaf jedoch die ganze Nacht oberflächlich bleibt. Wir müssen nach einer guten Nacht einfach wieder fit sein! Das ist das Hauptkriterium für guten und ausreichenden Schlaf.

 

Wie kann der TCM-Therapeut helfen?

Wenn Sie an einer der genannten Störungen leiden, kann Ihnen ein TCM-Therapeut sicher helfen. In einer ausführlichen Diagnose wird er eine entsprechende Behandlung beginnen, die je nach Person sehr unterschiedlich ausfallen kann. Akupunktur und Kräuterarzneien können ebenso dazugehören wie Massage oder Ernährungsvorschläge. Im Gegensatz zur Schulmedizin, die mit der Gabe von Schlafmitteln das eigentliche Problem des Körpers nicht lösen wird, ist es dem TCM-Therapeuten wichtig, dass Sie auf Dauer wieder aus eigener Kraft gut und erholsam schlafen können. Weder ist eine ewige Medikamentengabe vorgesehen noch sollen Sie ständig wegen Ihrer Schlafstörungen in Behandlung sein. Die Methoden der TCM sind vielfältig und äußerst wirkungsvoll, wie die Praxis immer wieder zeigt. Zusammen mit einigen Tipps, wie Sie selbst etwas zur Problembeseitigung beitragen können, werden fast alle Schlafstörungen erfolgreich therapiert.

 

Das können wir selbst tun für einen gesunden Schlaf

Geistige Aktivitäten, emotionale Zustände sollten gegen Abend langsam und ganz natürlich zur Ruhe kommen. Nicht zu lange fernsehen oder vor dem Computer sitzen, besonders nicht am Abend, denn dies schädigt die Säfte und das Blut, was Schlafprobleme fördert. Insbesondere bei Kindern muss sehr darauf geachtet werden! Die Abendmahlzeit sollte außerdem kleiner sein als die anderen Mahlzeiten, um das Qi nicht zu lange im Verdauungstrakt zu halten, was ebenfalls den Schlaf beeinträchtigen würde. Probleme und schwierige Lebenssituationen sollten möglichst nicht spätabends diskutiert werden. Auch berufliche Schwerstleistungen sollten möglichst vermieden werden, insbesondere wenn wir älter als 30 Jahre sind oder schon unter Schlafstörungen leiden.

Regelmäßige Spaziergänge, Qigongübungen oder ein angenehmes Bad können Schlafstörungen positiv beeinflussen. Insbesondere im Qigong gibt es wundervolle, einfache Übungen, die helfen, dass sich Ihr Schlaf wieder normalisiert. Dennoch sollten Sie immer wieder in Ihrem Leben schauen, was genau Ihnen denn eigentlich den Schlaf raubt und diesen Umstand versuchen zu verändern. Der Geist und die Psyche sind aus Sicht der Chinesischen Medizin die häufigste Ursache für Erkrankungen, so auch oder besonders für Schlafstörungen. Für diesen Aspekt ist Meditation die beste Methode. Das sich Befreien vom EGO durch eine nicht anhaftende Geistes- bzw. Gedankenbeobachtung lässt uns im Laufe der Zeit die Leerheit aller Dinge erfahren. Ein gut entwickelter Humor, der auch sich selbst nicht immer ernst nimmt, kann ebenfalls Wunder bewirken.

Die CD mit Qigong-Übungen, incl. Download-Booklet und Vorhörfunktion:

978-3-935367-33-2

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Foto: © Olga Meier Sander / PIXELIO

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